Google hat nach Recherchen des Wall Street Journal und des Unternehmens Adalytics ein großes Problem mit Werbung auf der konzerneigenen Videoplattform YouTube. Demnach sollen 80 Prozent der gezeigten Anzeigen nicht den Nutzungsbedingungen entsprechen, sodass die werbenden Unternehmen Rückzahlungen in Milliardenhöhe fordern könnten.
Die von Adalytics aufgedeckten Unregelmäßigkeiten betreffen Anzeigen, die YouTube über das Programm „Google Video Partners“ auf Webseiten von Drittanbietern ausspielt. Die dort gezeigten Anzeigen sollen laut Google das gleiche Erlebnis bieten wie die eigentlichen YouTube-Anzeigen. Allerdings hat Adalytics nun ermittelt, dass die Anzeigen auf Drittanbieterseiten zu 80 Prozent stumm geschaltet sind. Außerdem laufen sie automatisch ab, ohne dass ein Nutzer sie sehen muss.
„Inakzeptabler Vertrauensbruch von YouTube“
Die Werbetreibenden wiederum gehen davon aus, dass man ihre Anzeigen in der gewohnten Qualität auf YouTube sieht. Tatsächlich wird aber mehr als die Hälfte des Werbebudgets in Anzeigen auf Drittanbieterseiten investiert. Diese sind oft von minderer Qualität und werden häufig nicht richtig dargestellt.
Ein weiterer Verstoß gegen die Google-Richtlinien ist die Ausspielung von Werbevideos auf Webseiten mit falschen Informationen, schlechter Qualität oder urheberrechtlich geschützten Inhalten. Google hingegen verspricht, für sein Programm „Google Video Partners“ nur auf qualitativ hochwertige und geprüfte Websites zurückzugreifen.
Der Mediendirektor der Agentur UM Worldwide sprach gegenüber dem Wall Street Journal von einem Vertrauensbruch: „Dies ist ein inakzeptabler Vertrauensbruch von YouTube. Google muss dies beheben und Kunden vollständig für Betrug und Impressionen erstatten.“ Google selbst sah sich bereits gezwungen, auf die Vorwürfe zu reagieren.
Zum einen kritisierte der Konzern die Messmethoden von Adalytics, die auf unzuverlässigen Stichproben beruhten. Die überwiegende Mehrheit der Anzeigen würde auf YouTube selbst geschaltet. Zudem gab Google an, dass 90 Prozent der Werbung auf den Seiten von Drittanbietern direkt sichtbar sei, was deutlich über den Zahlen der Konkurrenz liege.
Google drohen Abschreibungen in Milliardenhöhe
Sollten sich die Untersuchungen von Adalytics als glaubwürdig und vor allem faktenbasiert erweisen, könnte Google ein echtes Problem bekommen. YouTube macht mittlerweile elf Prozent des Konzernumsatzes aus. Bei einem Glaubwürdigkeitsverlust in Bezug auf die Anzeige von Werbung auf YouTube könnten sich Werbetreibende nach anderen Marketingmöglichkeiten umsehen. Dies wiederum würde den Konzern in einer ohnehin schwierigen Phase mit schwächelnden Umsätzen und einer Veränderung des Marktes durch Künstliche Intelligenz hart treffen.
Sollte es zu Klagen von Werbetreibenden kommen und Google in diesen Auseinandersetzungen auf Rückzahlung von Werbekosten verklagt werden, drohen Abschreibungen in Milliardenhöhe. Zudem ist zu befürchten, dass sich weitere Behörden zu Kontrollen und letztlich zu einer strengeren Regulierung veranlasst sehen, sodass Google weiteres Ungemach drohen könnte.