Digitale Kompetenzen sind in der deutschen Industrie vor allem in großen Konzernen, eher im Süden und nicht bei älteren Führungskräften zu finden. Das ist das Ergebnis einer Studie des Münchner Ifo-Instituts in Zusammenarbeit mit dem Karrierenetzwerk LinkedIn. Bei der Betrachtung unterschiedlicher beruflicher Positionen im Unternehmen zeigte sich dabei, dass die digitalen Kompetenzen umso geringer ausgeprägt sind, desto höher die Position eines Mitglieds ist.
Lebenslanges Lernen ist das A und O
„Das ist bedenklich, denn digitaler Wandel ist in der Regel erfolgreicher, wenn er von der Unternehmensspitze her vorangetrieben wird“, so Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien. Die Bereitschaft für lebenslanges Lernen sei dabei das A und O, ergänzte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). „Wir brauchen eine neue Weiterbildungskultur, die lebenslanges Lernen für jeden und jede unabhängig der Branche oder der beruflichen Tätigkeit selbstverständlich sein lässt.“
Studie zeigt deutlichen Aufholbedarf
Die Industriebetriebe kommen hierzulande auf einen jährlichen Umsatz von 2,2 Billionen Euro und beschäftigen 7,4 Millionen Menschen. Gerade der technologische Wandel und Digitalisierung sind für viele Unternehmen aber aktuell eine große Herausforderung. Nur 48 Prozent der analysierten LinkedIn-Mitglieder in der Industrie besitzen nach eigenen Angaben digitale Kompetenzen – können also Microsoft-Anwendungen im Büro oder Social Media nutzen oder sogar programmieren. Dies sei ein „überraschend niedriger Wert“, sagte Falck. „In einem Land mit hoch digitalisierter Produktion würde man erwarten, dass alle Mitarbeitenden zumindest über Anwendungskompetenzen verfügen.“ Hier weise die Studie also einen deutlichen Aufholbedarf auf.
Besonders kleine und mittlere Unternehmen hinken hinterher
Am stärksten verbreitet sind die digitalen Kompetenzen der Studie zufolge in der Luft- und Raumfahrt- sowie in der Elektronikbranche, der Industriellen Automatisierung und der Automobilindustrie. Mitarbeiter in kleinen und mittelgroßen Unternehmen hinken dabei bei der digitalen Fachkompetenz deutlich den Großkonzernen hinterher – und der Abstand vergrößert sich weiter. „Wenn der Aufbau digitaler Fachkompetenzen bei den kleinen und mittleren Unternehmen langsamer vorangeht, muss man fragen, ob diese besondere Unterstützung benötigen“, so Falck. Immerhin hätten inzwischen viele Unternehmen die Bedeutung der Weiterbildung erkannt, in die heute schon rund 33,5 Milliarden Euro jährlich investiert werden.
Zentren digitaler Kompetenz in Süddeutschland
Die regionalen Kompetenz-Zentren liegen dabei vor allem in Süddeutschland. So ist die Anzahl der untersuchten LinkedIn-Mitglieder mit digitalen Fachkompetenzen in München (45), Regensburg (45), Berlin (42) und Stuttgart (42) vergleichsweise hoch, in Leipzig beträgt der Anteil beispielsweise nur 29 Prozent. Es sei nun Aufgabe der Politik, darauf zu achten, dass sich diese Ungleichheiten nicht weiter verstärken, wenn alle von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren wollen, sagte Falck.